1914 Das Gründungsjahr

Es war in den Frühjahrstagen des Jahres 1914, als zwei oder drei junge Selbitzer Burschen, die irgendwo in einer größeren Stadt studierten, in den Ferien nach Hause kamen und das bislang in unserem Heimatort unbekannte Fußballspiel mitbrachten. Schnell hatten sich auch andere junge Leute in Selbitz für das neue Spiel begeistert. Gemeinschaftlich wurde ein Ball angeschafft und munter auf Straßen und Wiesen – sehr zum Ärger der jeweiligen Eigentümer – darauflosgespielt. Allmählich kam sogar etwas System und Schwung in die Sache, und man ging daran, aus den jeweils besten Spielern eine erste Mannschaft aufzustellen. Woher sollte man für sie aber einen Gegner finden? Endlich erklärte sich der damalige FC Helmbrechts zu einem Spiel in Selbitz bereit. Das große Spiel stieg zum Selbitzer Wiesenfest. Als Spielplatz diente die Domwiese, an deren Stelle sich jetzt der Sportplatz „Grüne Au“ befindet. Für die Tore mußten erst Stangen in den Boden gerammt werden. Die Querlatte war eine in vorschriftsmäßiger Höhe gespannte Schnur. Fußballstiefel besaßen nur die wenigsten der Spieler. Teilweise mußten sogar die Sonntagsschuhe herhalten. Die Selbitzer Mannschaft trat in blauen Turnhosen mit weißen Hemden an. Das Ereignis hatte sogar einige Zuschauer angelockt. Wie der Großkampf nun eigentlich ausgegangen ist, weiß niemand mehr mit Bestimmtheit. Die Namen der damaligen Fußballpioniere, die das Spiel für Selbitz bestritten verdienen aufgezeichnet zu werden: Es waren Kühnberger Max, Kühnberger Karl, Franz Adam, Bauer Georg, Reinhold Walter, Degel Erhardt, Färber Georg, Friedrich Max, Lein Erhardt, Friedrich Friedrich, Ludwig Karl (dieser wurde wegen seines für damalige Begriffe großen Könnens eigens aus Hof geholt). Leider sollte dieses Spiel vorläufig das letzte sein, denn kurz darauf brach der Erste Weltkrieg aus, und gerade die sportbegeisterte Jugend wurde als erste zu den Waffen gerufen.

1919

Nach dem Krieg, der ohne Menschenopfer an unserer kleinen Gemeinschaft vorbeigegangen war, stand bald wieder eine erste Mannschaft auf den Beinen. Um einen Sportplatz zu haben, schlossen sich die Fußballer als Unterabteilung dem Deutschen Turnverein an. Ein Fußballverband war erst im Aufbau und es gab zunächst nur wilde Spiele. Der Fußballsport verbreitete sich nunmehr in fast alle Orte der engeren Heimat.

Der frühere Chronist schreibt weiter:
Wie schön war es, wenn wir Fußballjungen auf birkengeschmückten Leiterwagen, die von strammen Gäulen gezogen wurden, nach Helmbrechts, Geroldsgrün oder Baiergrün zu einem Wettspiel fuhren. Vorne auf dem Kutschbock saß unser Müllers Heiner mit seinem „Ziehbalg“. Mit dem Fußballerlied „Brüder, laßt die Bundesfahnen in den Lüften wehen“ verließen wir unser Städterle. Bald zeigte es sich, daß der uns zur Verfügung stehende Fußballplatz zu klein war. Der „Turnplatz“ verlief damals parallel zur Nailaer Straße und war in Richtung der Straße ziemlich abschüssig. Er war ungefähr 60 Meter lang und zirka 40 Meter breit. Durch Generalversammlungsbeschluß des Turnvereins erhielten wir die Genehmigung, den Platz um 90 Grad herumzudrehen. Die Verwirklichung dieses Planes erforderte größte Erdausschachtungen und Erdbewegungen. Besonders haben sich hier unser Friedrich Friedrich und Degel Erhardt ausgezeichnet. Die ganze ungeheuere Arbeit wurde von unseren Mitgliedern nach Feierabend in freiwilligem Arbeitseinsatz getan.

1920

Im Spätsommer 1920 war das Werk vollendet. Das neue Spielfeld wurde gleich mit einem Pokalturnier eingeweiht. Inzwischen hatten sich die meisten Vereine im Süddeutschen Fußballbund zusammengeschlossen. Auch wir traten diesem bei. Der Spielbetrieb war in verschiedene Klassen (C-, B- und A-Klasse) eingeteilt. Alle Vereine mußten in der C-Klasse beginnen. Nach zwei Jahren glückte uns der Sprung in die B-Klasse, wo wir dann mit wechselndem Erfolg mehrere Jahre spielten. Die Höhepunkte der Verbandsspiele waren die jeweiligen Treffen mit unserem Nachbarverein Naila. An den betreffenden Tagen setzte immer eine wahre Völkerwanderung zwischen den beiden Ortschaften ein. Und es gab auch immer Rekordzuschauermengen.

1924

Einmal im Jahre 1924 war es ziemlich ernst um die Spielvereinigung bestellt. Die gesamte Vorstandschaft war zurückgetreten. Bei den notwendigen Neuwahlen ergab es sich, daß drei der jüngsten aktiven Sportler die Vorstandschaft übernehmen mußten. Es waren dies: Als 1. Vorstand Hans Bodenschatz, Heinrich Thumser als Schriftführer und Walter Kleinschmidt als Kassier. Gerade dieses Jahr aber verlief dann sehr erfolgreich. Es brachte uns einen eigenen Sportplatz und den ersehnten Aufstieg in die A-Klasse. Wir brachten unseren Vereinswirt Georg Tunger soweit, die Stammeswiese am „Dom“, die jetzige „Grüne Au“, zu kaufen und dem Verein als Platzanlage zur Verfügung zu stellen. Nach kurzer Zeit zeigte sich aber, daß das Spielfeld zu weich und zu naß war. Wir gingen nun daran, den Platz zu entwässern und Drainagen zu legen. Fast alles wurde von unseren Mitgliedern in freiwilliger Arbeit geleistet. Unsere alten Vorstandsmitglieder halfen tatkräftig mit. Hier war es vor allem unser Karl Degel, der als langjähriger erster Vorstand viel für den Verein geleistet hat.
Die Mitgliederzahl unseres Vereins nahm ständig zu.

1929

Im Jahre 1929 gelang es unserem Erhardt Degel einen Spieler mit gutem Namen, unseren Lorenz Gagel, vom damals weit bekannten 1. FC Michelau nach Selbitz zu bringen. Dieser brachte als Spieltertrainer die erste Mannschaft so richtig in Schwung. Von nun an waren wir fast immer in der Spitzengruppe der A-Klasse, in der Vereine wie VfB Helmbrechts, FSV Naila, FC Geroldsgrün und SV Oberkotzau zu finden waren. Zum Aufstieg in die Kreisliga fehlte uns aber immer im entscheidenden Augenblick das Fußballerglück. Unser „Lorla“ hat sich immer als treues Mitglied unseres Vereins erwiesen. Ungünstig für den Selbitzer Fußball wirkte sich die Tatsache aus, daß es zu der damaligen Zeit drei Sportvereine in Selbitz gab, die alle Fußballmannschaften hatten. Durch diese unglückselige Zersplitterung wurden die guten Kräfte auf verschiedene erste Mannschaften verteilt. Trotzdem aber war unsere Spielvereinigung die ganzen Jahre hindurch führend im Fußball und entwickelte sich zum bekanntesten und traditionsreichsten Selbitzer Sportverein mit den meisten Mitgliedern. Besondere Umstände brachten es mit sich, daß der Sportplatz „Grüne Au“ in die Hände unserer Mitglieder Karl Fischer und Albin Schneider überging. Was unser Fischers Karl, der leider ein Opfer des letzten Krieges wurde, für unseren Verein geleistet hat, läßt sich schlecht mit Worten schildern. Mit seiner Hilfe wurde der Sportplatz vollständig mit einem stabilen Bretterzaun umgeben, das Spielfeld eingeschrankt und eine Aschenbahn und Sprunggrube angelegt. Am Eingangstor wurde ein Kassenhäuschen gemauert. Die Selbitzer „Grüne Au“ wurde damit zu einer, in der damaligen Zeit, schönsten Sportplatzanlagen in Oberfranken. Karl Fischer darf wohl als einer der größten Förderer des Selbitzer Sports gelten. In dieser Zeit legte unser langjähriger, verdienstvoller erster Vorstand Karl Degel sein Amt im Verein nieder, da er vom Schicksal für andere Aufgaben vorgesehen worden war. Zum neuen Vorstand wurde unser Christian Münzer gewählt, der bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges Jahre hindurch treu die Geschicke unseres Vereins leitete und sich für unsere Fußballergemeinde sehr verdient gemacht hat.

1934

Im Jahre 1934 konnten wir das Fest unseres zwanzigjährigen Bestehens feiern. Dieses Jubiläum war bis zu dem Zeitpunkt die größte Veranstaltung mit der unser Verein an die Öffentlichkeit getreten war. Es wurde auch in jeder Hinsicht ein voller Erfolg. Der Verein hatte bis dahin eine beachtliche Mitgliederstärke erreicht, nicht zuletzt auch durch die im Jahre 1933 erfolgte Gleichschaltung des ATS Selbitz. Sonntag für Sonntag herrschte reger Spielbetrieb auf der „Grünen Au“. Teilweise hatten wir vier bis fünf Mannschaften zur Verfügung. Die Spielanlage unserer ersten Mannschaft wurde von Jahr zu Jahr besser. In unseren Jugendmannschaften stand uns vielversprechender Nachwuchs, der zu den besten Hoffnungen berechtigte, zur Verfügung.

1939

Der zweite Weltkrieg begann. Das Sport- und Vereinsleben kam zum Erliegen. Gerade zu einer Zeit als unsere – von Lorenz Gagel betreute – Jugend achtbare Erfolge erzielte und teilweise zu Auswahlspielen abgestellt wurde.

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