Rassiges Derby am Bühl

Ein Zuschauermagnet vom Feinsten war die Partie zwischen dem Aufsteiger aus Trogen und dem Landesligaabsteiger aus Selbitz. In einer kuriosen Partie begeisterten beide Teams mit viel Willen und Spielfreude. Nachdem der Schiedsrichter früh mit dem Verwarnen anfing, geriet das Spiel kurz vor der Pause ins Wanken. Am Ende bekamen die 310 Zuschauer ganze vier Platzverweise beim Trogener Sieg zu sehen.

Das Ziel der SpVgg Selbitz war klar; Man wollte den sofortigen Wiederaufstieg in die Landesliga schaffen. Einen guten Ligaeinstand feierten die Narr-Drechsel-Schützlinge dabei am ersten Spieltag, bei ihren klaren 3:0 Sieg gegen Bavaria Waischenfeld. Durch diesen Erfolg setzte sich der Meisterschaftsfavorit sogleich an die Tabellenspitze. Der heutige Gastgeber und Bezirksligarückkehrer aus Trogen feierte mit dem 2:2 bei der SpVgg Oberkotzau ebenfalls ein gelungenes Debüt. Trotz dreißigminütiger Unterzahl, bewiesen die Ordnung-Schützlinge Moral und nahmen verdient einen Punkt mit an den Bühl. Dass die heutige Partie kein Allerwelts-Spiel darstellen sollte, zeigte schon ein Blick auf den Kader beider Mannschaften - da sah man nämlich in den letzten Jahren etliche Kicker in denselben Farben auflaufen. Auch SpVgg-Trainer Florian Narr-Drechsel hatte eine bewegende FC-Laufbahn.

Vom Anpfiff weg sahen die Zuschauer einen Gast, der vollkommen auf Sieg spielte. Viel lief über die beiden schnellen Flügelspieler der SpVgg Selbitz. Pascal Vuckov und Christoph Kaschel beackerten ihre Außenbahn phasenweise nach Belieben. Aber schon früh zeigte der junge Schiedsrichter, dass er an diesem Abend die Regeln relativ kleinlich auslegen würde. Bereits nach gut fünf Minuten verwarnte er Jean-Pierre Gruber nach einem unglücklichen Zweikampf, bei dem er sich selbst verletzte. Immer wieder wurde das Spiel durch kleinere Fouls unterbrochen. Demnach resultierte die erste Chance - auch nach einem ruhenden Ball. David Wich setzte das Leder aus 20 Metern aber über das Tor. Auf der anderen Seite ging der kurz zuvor eingewechselte Yannick Gahn auf der linken Seiten ins Laufduell und spielte im Zentrum Alexander Walter frei. Der Trogener Stürmer scheiterte mit seinem Abschluss aber an glänzend aufgelegten Andreas Schall. Nach einer Viertelstunde der nächste Schock, Trogen musste bereits das zweite Mal verletzungsbedingt wechseln. Von der Umstellung ließen sich die Gastgeber aber keineswegs aus der Bahn werfen. Im Gegenteil. In die Selbitzer Drangphase konterte Yannick Gahn. Der Trogener spielte vor dem Selbitzer Strafraum quer auf den einlaufenden Jonas Werner und der 19-Jährige vollstreckte trocken ins lange Eck zur FC-Führung. Selbitz wirkte keineswegs geschockt und spielte weiter sortierten Fußball nach vorne. Bis zur Grundlinie oder dem gegnerischen Sechszehner sah das auch richtig gut aus, nur die letzte entscheidende Idee fehlte den Gästen. So richtig gefährlich wurde es nur bei Standards, wie dem von David Wich, der auch mit seinem zweiten Versuch wieder etwas zu hoch zielte. Als kurz vor der Pause Christian Pätz nach einem schönen Diagonalball in den Strafraum ziehen wollte, wurde er unglücklich von Frederik Mölter über den Haufen gelaufen. Trotzdem, dass Yannick Gahn vielleicht hätte noch einschreiten können, entschied der Schiedsrichter auf Notbremse und schickte Mölter mit glatt rot zum Duschen. Den fälligen Freistoss setzte David Wich erneut über den Querbalken. Danach pfiff Johanne Fröba zum Pausentee.

Zu Beginn des zweiten Abschnittes standen die Selbitzer numerisch in der Überzahl auf dem Platz. Doch dass die FC-Kicker in Unterzahl kämpfen können, bewiesen sie schon am vergangen Spieltag. Keine fünf Minuten waren am Bühl in der zweiten Halbzeit gespielt, musste mit David Wich - einer der besten Gästespieler - verletzt vom Platz. Nach einem Foul von Stefan Mulzer stand als erste Diagnose Verdacht auf Fußbruch, so dass die Selbitzer sofort einen Rettungswagen riefen. Diese unglückliche Szene ließ die Emotionen auf und neben dem Platz etwas aufkochen. Nachdem Tizian Bagnoli nach einer vermeintlichen Schwalbe mit Gelb-Rot vom Platz musste, standen die Trogener nur noch zu neunt auf selbigem. Wer nun glaubte, dass Selbitz die Gastgeber niederringen würde, wurde nur zwei Zeigerumdrehungen später einen Besseren belehrt. Alexander Walter steckte nach einer Balleroberung auf den eingewechselten Denny Buschner durch und der erwischte Andreas Schall im Selbitzer Tor auf dem falschen Fuß - 2:0 in Unterzahl. Gäste-Trainer Florian Narr-Drechsel reagierte promt und brachte mit Albert Pohl einen weiteren Stürmer. Plötzlich lief es bei den Selbitzern wieder besser, zunächst stand urplötzlich Lorenz Röthlingshöfer frei vor dem Trogener Schlussmann Fabian Rupprecht. Den Abschluss konnte der Keeper noch klären, doch kurze Zeit später schickte Claudio Bargenda den eingewechselten Albert Pohl in den Trogener Strafraum. Der Stürmer war einen Schritt vor Fabian Rupprecht am Ball und konnte auf 1:2 verkürzen. Satte zwanzig Minuten hatten die Gäste nun noch mit zwei Mann mehr Zeit, das Spiel zu drehen. Doch soweit kam es nicht, denn nach einem Foulspiel an der Mittellinie schickte der Unparteiische den Selbitzer Lori Vogel mit der Ampelkarte vom Platz. Die Gäste drückten dennoch weiter auf den Ausgleich. Immer wieder wurde Pascal Vuckov auf der linken Seite frei gespielt. Der schnelle Mittelfeldakteur der Selbitzer stieß des öfteren bis zur Grundlinie durch, doch weder im Rückraum noch im Zentrum fand sich ein Abnehmer für seine Hereingaben. Aus der zweiten Reihe versuchte es knapp zehn Minuten vor dem Ende Niklas Hackenberg mit einem Gewaltschuss, den aber der gut aufgelegte Fabian Rupprecht abwehren konnte. Rupprecht war auch im Duell mit Vuckov kurze Zeit später Sieger und hielt die Trogener Führung mit mehreren Paraden fest. Kurz vor Ende der Partie gerieten auch noch Alexander Walter und Andreas Schall aneinander, nachdem der Trogener Stürmer nach der Spielunterbrechung den Ball nicht frei gab, ließ sich Schall zu einem leichten Schubser hinreißen. Hierfür bekam der Selbitzer Keeper von Schiedsrichter Johannes Fröba - deutlich zu hart - den Roten Karton. Wobei Walter für seine Aktion mit Gelb davonkam. Erstmal von der neuen Regel betroffen war auch der Selbitzer Spielleiter Norbert Drobny, der seinem Unmut an der Seitenlinie Luft machte und als Mannschaftsverantwortlicher der Gäste ebenfalls mit der roten Karte aus dem Innenraum musste. Die SpVgg Selbitz versuchte bis zum Ende noch, etwas Zählbares aus dieser Partie mitzunehmen, doch ein Distanzschuss von Erwin Okraffka Senior besiegelte die Niederlage der Gäste.

Nach dem Schlusspfiff war der Schiedsrichter auf und neben dem Platz Gesprächsthema Nummer eins. Während sich die Selbitzer fragend an den Unparteiischen wandten und eine deutliche Abfuhr von ihm bekamen, standen sich auch die Spieler auf dem Platz gegenüber und diskutierten über etliche Situationen. Die beiden Sperren von Frederik Mölter (Trogen) und vor allem Andreas Schall (Selbitz) treffen beide Mannschaften hart. Besonders der Ausfall der unangefochtenen Selbitzer Nummer eins zwischen den Pfosten wiegt wohl schwer. Die Selbitzer erwarten am kommenden Sonntag den FC Rehau zum nächsten Derby und treffen zudem auf einen weiteren mutigen Aufsteiger, der am zweiten Spieltag mit 2:1 bei der ligaerfahrenen SpVgg Oberkotzau gewann. Der FC Trogen wird nach den turbulenten ersten beiden Spielen versuchen, in erster Linie die Partie in Mistelgau mit elf Spielern zu beenden. Favorit sollten die Ordnung-Schützlinge beim Mitaufsteiger sein.

Bei der Pressekonferenz, gut eine halbe Stunde nach der Partie, gaben sich beide Seiten freundschaftlich. Nachdem der Unmut über die abgelaufenen neunzig Minuten verflogen war, saßen viele Spieler beider Mannschaften noch zusammen bei einem Feierabendbierchen. Dass die Partie wahrlich keinen Holzhacker-Fußball bot, bewiesen diese Szenen.